Historie des Vereins
Im Jahr 2018 wurde der Bürgerverein Walddörfer e.V. 70 Jahre alt!
Anlässlich diesen runden Geburtstages, schrieb Thomas Goebel, ein sehr bemerkenswerter Unterstützer und Reiseleiter bei den Ausfahrten in und um Hamburg diesen Text.
Grundlage für diesen kleinen Rückblick ist ein Manuskript der Eheleute Brigitte & Werner Nowak, die in sehr aufwendiger, mühevoller und zeitraubender Kleinarbeit akribisch die Geschichte des Bürgervereins Walddörfer aufgezeichnet haben, bevor viele Daten endgültig verloren gegangen wären, da jetzt schon vieles allein durch die zwei Weltkriege nicht mehr abzurufen ist.
Und da wären wir auch schon mittendrin in der Geschichte Bürgervein Walddörfer, denn sie werden sich jetzt fragen, zwei Weltkriege? Wo doch das Gründungsjahr mit 1948 angegeben wird?
Der Bürgerverein ist tatsächlich am 3. Juni 1948 von Franz Judaschke, einem Schiffsbau-ingineur und Schriftsteller und Vater von Agnes Judaschke gegründet worden. Aber es gab auch eine Zeit davor, allerdings eben keine durchgängige, speziell unterbrochen durch die NS-Herrschaft, sodaß tatsächlich 1948 als das wahre Geburtsdatum des heutigen Bürgervereins Walddörfer gezählt wird. Doch die Zeit davor ist nicht weniger interessant und bedeutend für die Entwicklung des heutigen Bürgervereins. Wir schreiben das Jahr 1888, da wurde der Bürgerverein Volksdorf gegründet, aber erst 1910 wurde er in das Vereinsregister des Amtsgerichts eingetragen, da dies erst seit 1900 möglich war. Die damalige Satzung ist heute noch genauso aktuell und wegweisend und beschreibt genau den Sinn eines Bürgervereins, denn es heißt dort:
"Der Zweck des Vereins ist, unter seinen Mitgliedern einen vorurteilsfreien, kräftigen Bürgersinn zu wecken und zu pflegen, indem er die gesunde und gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens zu fördern sucht. Nebenbei will der Verein durch gesellige Zusammenkünfte der Mitglieder die Annäherung der verschiedenen Berufsarten und Gesellschaftsklassen fördern und soziale Gegensätze ausgleichen."
Aus dieser ersten Satzung geht auch ganz klar die Grundeinstellung der Hamburger hervor: weltoffen, tolerant und jeden mit Rücksicht und Respekt zu begegnen und behandeln.
Doch die frühere Satzung war natürlich auch ein bisschen ihrer damaligen Zeit geschuldet, denn u.a. konnte man nur Mitglied im Verein werden, wenn man männlich und mindestens 25 Jahre alt war und wer nicht an den regelmäßigen Zusammenkünften teilnahm, der mußte 50 Pf Strafe zahlen, was bei einem damaligen Beitrittsgeld von 1 Mark und einem vierteljährlichen Mitgliedsbeitrag von 1,50 schon recht viel und als richtige Strafe anzusehen war!
So richtig in Schwung kam der Verein dann 1904, als das Hamburger Fremdenblatt berichtete, dass der Verein, der mittlerweile 34 Mitglieder zählte, sich mit kommunal-politischen Fragen beschäftigte. Dagegen war über gesellige Veranstaltungen des Volksdorfer Bürgervereins wenig zu finden. Doch das sollte sich im Laufe der Jahrzehnte gravierend ändern.
Aber zunächst einmal war schneller wieder Schluß als gewünscht war, denn es rächte sich, daß der Verein sich nur Männern geöffnet hatte, denn die wurden mit Beginn des ersten Weltkriegs zum Wehrdienst eingezogen und so hatte der Verein fast keine Mitglieder mehr mit der Folge, daß im März 1919 die Auflösung des Volksdorfer Bürgervereins beschlossen wurde.
Doch da hatten die Verantwortlichen nicht mit dem Engagement und Zielstrebigkeit der Volksdorfer gerechnet, denn denen passte es gar nicht, dass es nun keinen Bürgerverein, der sich für ihre Belange einsetzt, mehr gibt und der "Gemeinnützige Verein in Volksdorf 1919" wurde gegründet. Die Satzung lehnte sich stark an die des Bürgervereins an mit der Ausnahme, dass das Mindestalter auf 18 Jahre herabgesetzt wurde und dass Frauen nun ausdrücklich erwähnt wurden. Auch sollten alle parteipolitische Bestrebungen ausgeschlossen sein. Das wiederum lässt erahnen, daß diesem Verein keine lange Lebensdauer beschert war und so war das Ende im Jahre 1934 auch absehbar.
Danach begann eine dunkle Zeit, die erst wieder im neuen Licht zum Leben erweckt wurde als am 3.Juni 1948 Franz Judaschke den heutigen Bürgerverein Walddörfer e.V. gründete.
Die neue Zeitrechnung des Bürgervereins Walddörfer beginnt am 3.Juni 1948, als Franz Judaschke, der von Winterhude, wo er auch schon einem Bürgerverein angehörte und wußte, wie positiv eine solche Institution von den Bürgern angenommen wird, nach Volksdorf kam und hier diesen Bürgerverein gründete. Herr Judaschke achtete von Beginn an auf die Verbundenheit mit dem Zentralausschuß der Hamburgischen Bürgervereine, denn er wußte nur zu genau, nur gemeinsam ist man stark und kann wirkungsvoll und dauerhaft etwas erreichen. So hat Herr Judaschke den Bürgerverein immer als Interessenvertretung der Bürger gegenüber Politikern und Verwaltung betrachtet.
Das Ziel des neu gegründeten Bürgervereins sollte wieder sein, daß kommunale, soziale und gesellige Aktivitäten zu einem besseren und leichteren Miteinander beitragen sollen. 30 Personen wollten dem neuen Bürgerverein angehören, so u.a. auch Senator Johannes Büll, Senator des Wohnungsamtes und später der Baubehörde. 1970 wurde der Verein in das Vereinsregister des Amtsgerichts eingetragen.
1952 erschien zum ersten Mal die Vereinszeitschrift "das Waldhorn" früher auch noch mit Berichten anderer Vereine, denn Franz Judaschke, der Schriftleiter des Waldhorns von März 1952 bis zu seinem Tode im Juli 1958 war, hat die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen in Volksdorf sehr gefördert. Einen inhaltlichen Schwerpunkt setzte er auf Beiträge zur Heimatgeschichte und Volkskunde, aber er hat auch gern literarische Beiträge veröffentlicht. In den darauffolgenden Jahrzenten prägten die jeweiligen Redakteure mit ihren Vorstellungen das Waldhorn. So war z.B. Franz Staap, der Mitte der 1960er Jahre die Redaktion übernahm, Bauingenieur und Mitarbeiter von Fritz Schumacher, daher erschienen auch Artikel mit diesen Schwerpunkten öfters im Waldhorn. Später gab es Serien wie "Straßennamen in Volksdorf" oder "Volksdorfer Köpfe", die großen Zuspruch fanden, zeigt es doch, daß immer noch die lokalen Volksdorfer Themen bei den Lesern am besten ankommen.
Seit 1979 kommt der Bürgerverein im Vereinshaus des Walddörfer Sportvereins zu seinen Sitzungen zusammen.Was vielen vielleicht nicht ganz so geläufig ist, daß es eine Arbeitsgemeinschaft der Bürgervereine im Bezirk Wandsbek gibt, die sogenannte ARGE Wandsbek, in der u.a. auch die Bürgervereine Wohldorf/Ohlstedt, Lemsahl-Mellingstedt, Duvenstedt, Hummelsbüttel, Sasel-Poppenbüttel, Wellingsbüttel und eben die Walddörfer angeschlossen sind, d.h. dass der Bürgerverein Walddörfer keineswegs für alle Walddörfer zuständig ist, sondern genaugenommen ein Bürgerverein Volksdorf wie auch seine zwei Vorgänger ist, obwohl die gültige Satzung etwas anderes zum Ausdruck bringt.
So haben die Volksdorfer auch schnell erkannt, was sie an ihrem Bürgerverein haben und so stieg der Zahl der Vereinsmitglieder stetig, schon innerhalb der ersten zwei Jahre auf 180, 1971 waren es schon 262 Mitglieder, 1979 356. Im Jubiläumsjahr 1988 wurden dann etwa 600 Mitglieder gezählt, eine Zahl, die danach leider nicht wieder erreicht wurde. Heute zählt der Bürgerverin 180 Mitglieder. Der Mitgliedsbeitrag betrug sehr lange nur eine D-Mark pro Person im Monat und wurde moderat bis 1995 auf 4 DM pro Person angehoben.
Der Grundgedanke der Bürgervereine ist satzungsgemäß die kommunalpolitische Vereinsarbeit, ohne die Überparteilichkeit aus dem Auge zu verlieren. Doch die Zeiten ändern sich und irgendwann kam dann der neue Begriff der "Politikverdrossenheit" und es fiel dem Bürgerverein immer schwerer, seine Mitglieder für kommunalpolitische Themen zu begeistern und bei den Bürgern ein Engagement in diesem Bereich einzufordern.
Die Länge der Grundschulzeit, ein Ehrenmal für die Kriegstoten des 2. Weltkriegs, die Verbesserung des öffentlichen Zubringerverkehrs, der damalige umstrittene Bau der Wohnhäuser am Bahnhof Buchenkamp oder die Geschicke des Volksdorfer Freibades, die unkontrollierte Verdichtung der Volksdorfer Wohngebiete, die Schließung des Kundenzentrums all das waren kommunalploitische Themen, in die sich der Bürgerverein Walddörfer eingebracht und vieles in der Politik zu Gunsten der Volksdorfer beeinflußt hat.
Doch verlagerte sich die Vereinsarbeit schwerpunktmäßig auf andere Gebiete, ein Singkreis, Kegelgruppen, Spiel- und Bridgegruppe, ein Klön-und Handarbeitskreis, Wandergruppen und eine Radwandergruppe, Reisen - damals auch noch ins Ausland - und Fahrten, wie z.B. die beliebte alljährlich stattfindene Lichterfahrt, Vorträge, Besichtigungen so unterschiedlicher Stätte wie der damaligen ESSO Raffinerie, dem israelitischen Friedhof, dem Planetarium oder der Bürgerschaft, Erlebnis- und Erfahrungsberichte sowie ein Börsen-Club treten unter dem Motto "Geselligkeit ist Trumpf" in den Vordergrund.
Mitte der 1950er Jahre gab es dann Tanzkurse und gar ein "Damenkaffee" mit Vorführung von Neuheiten für die Hausfrau und parallel dazu gab es einen Stammtisch für Männer. Sie sehen, auch hier war der Bürgerverein seiner Zeit schon weit voraus, denn erst später sollte es speziell für Damen die Tupperware-Partys und die Besuche von "Avon bringt Schönheit direkt ins Haus" geben..... Aber auch die Betreuung alter und einsamer Mitbürger bleibt ein zentraler Schwerpunkt des Vereins. Schon 1952 gab es einen Sozialausschuß mit regelmäßigen Sprechstunden. die Frau Auguste Judaschke, die Mutter von Agnes Judaschke, in ihrem Hause abhielt. Sie sehen, die Familie Judaschke ist ein ganz wesentlicher Teil des Bürgervereins, der schon Anfang der 1950er Jahre erkannt hat, was leider noch heute absolute Gültigkeit hat, so sagte ein damaliges Mitglied "daß damit Schluß gemacht werden muß, daß jeder nur für sich lebt, uninteressiert an der Not des Nachbarn, denken wir doch auch an die Flüchtlinge..!" Und der Bürgerverein Walddörfer denkt an die Schwachen, sei es an Kranke oder Arme in der Gesellschaft. So fließt jedes Jahr Geld an ausgewählte soziale Einrichtungen.
Trotzdem hat Franz Judaschke, der nie ein Blatt vor dem Mund nahm, 1956 in seinem Tagebuch ein bißchen resignierend und anklagend vermerkt: "Vergnügen geht über Sozial- und Kommunalpolitik in den Vereinen..."Auch die Pflege der niederdeutschen Sprache war einst ein Ziel des Vereins. Da aber immer weniger Mitglieder des Bürgervereins selbst Platt sprechen oder verstehen können, läuft diese Tätigkeit des Vereins wohl irgendwann aus.
Das Manuskript der Eheleute Nowak endet Ende des vorherigen Jahrhunderts. Zum nächsten Jubiläum des Vereins wird es eine erweiterte und aktuelle Version der Chronik geben.